Was für eine beeindruckendes, was für ein wohltuend anderes Bergbuch. Keine eitle Selbstdarstellung, vielmehr ein tiefes Hineinhorchen in sich selbst. Keine seitenlangen Schilderungen schwieriger Kletterpassagen, stattdessen eine zärtliche Beobachtung der Umgebung, der Landschaft, der Menschen in Nepal. Nives Meroi ist eine außergewöhnliche Höhenbergsteigerin, die ganz bewusst auf Flaschensauerstoff und Sherpahilfe verzichtet, meist mit ihrem Mann Romano alleine unterwegs ist.

Die starke Expeditionsbergsteigerin aus dem kleinen italienischen Dorf Fusine Laghi bei Tarvis überzeugt auch als Autorin. So sind es nicht die lauten Töne, die beeindrucken, sondern die leisen Andeutungen, die ganz behutsam hingesetzten Formulierungen. Manchmal, so scheint es, schreibt sie mitten aus ihrem Herzen.

Als Romano und ihr die Besteigung des Kantsch, des dritthöchsten Berges der Welt und somit ihres zwölften Achttausender gelingt, zieht sie kurz Bilanz: "Auf Zehenspitzen sind wir nach oben gestiegen, haben einen Blick ringsherum geworfen und uns dann wieder zurückgezogen, um nicht länger zu stören."


Nives Meroi: "Ich werde dich nicht warten lassen"
Tyrolia Verlag, Innsbruck, März 2016
184 Seiten, € 19,95