Hallstätter und Schladminger Gletscher nach 3600 Jahren durch Rekordschmelze getrennt
Wege müssen gesperrt und verlegt werden. Der Dachsteingipfel ist nur noch erschwert zu erreichen.
Erneut gab es eine Rekordschmelze am Hallstätter Gletscher.
Was bereits befürchtet wurde, ist heuer eingetreten: Der Hallstätter und der Schladminger Gletscher am Dachstein, die seit rund 3500 Jahren verbunden waren, haben sich getrennt. Wege müssen gesperrt oder verlegt werden, die touristische Infrastruktur ist stark betroffen. Die aktuellen Daten aus der Massebilanz des Hallstätter Gletschers zeigen den größten Masseverlust seit Beginn des oberösterreichischen Messprogramms 2006. Seither hat der Hallstätter Gletscher ein Drittel seiner Masse verloren. Auch die Fläche des "ewigen Eises" ist um etwa einen Quadratkilometer geschrumpft. 2030 wird der Hallstätter Gletscher in dieser Form Geschichte sein – als Folge des ungebremsten Klimawandels, sagt der Leiter des Messprogramms Klaus Reingruber.
Grund für die erneute Rekordschmelze ist der fehlende Schnee. 2025 hatte einen schneearmen Winter, einen außergewöhnlich heißen Frühsommer – der Juni war der heißeste seit Beginn der Messungen – und mehrere Niederschlagsereignisse mit einer Schneefallgrenze weit über 3.000 Meter. Bereits im Juli war die schützende Schneedecke am Gletscher abgeschmolzen. "Wir erleben am Hallstätter Gletscher eine Zäsur, die uns als Gesellschaft wachrütteln muss: Klimarekord reiht sich an Klimarekord, und die alpinen Räume werden verletzlicher", betont der oberösterreichische Umweltlandesrat Stefan Kaineder. "Wir müssen zwei Dinge gleichzeitig tun: die Erhitzung konsequent bremsen und uns an die nicht mehr vermeidbaren Folgen anpassen."
Kein präparierter Weg zu Seethalerhütte
Folgen gibt es am Dachstein vor allem für den Tourismus und den Alpinismus. Mit dem Auseinanderbrechen der Gletscherverbindung endet wohl der präparierte Gletscherweg zur Seethalerhütte, da Pistengeräte die künftig freiliegenden Felsen nicht überwinden können. Die Seethalerhütte am oberen Rand des Hallstätter Gletschers, die erst 2019 neu errichtet wurde, ist dann nur noch mit Steigeisen erreichbar.
Die Schmelze erfasst die gesamte Gletscherfläche, Felsinseln treten verstärkt zutage, die Randzonen werden instabiler. Deshalb müssen Routen verlegt oder temporär gesperrt werden. Am Gosaugletscher hat sich ein großer Teil der östlichen Zunge gelöst. Ein Felssturz vom Mitterspitz traf die Aufstiegsroute am westlichen Gletscherrand.
Einfacher Aufstieg ist nun schwer
"Die Übergänge vom Gletscher zum Fels werden zunehmend heikel, Sicherungsseile müssen laufend verlängert werden", sagt Friedrich Macher, der Vorsitzende des Alpenvereins Austria. Die Sektion betreibt am Dachstein fünf hochalpine Schutzhütten, die durch ein dichtes Wegenetz miteinander verbunden sind. Der Schulteranstieg auf den Hohen Dachstein war einst eine einfache und damit besonders beliebte Route auf den höchsten Berg Oberösterreichs. Nun würden hier gefährliche Situationen entstehen. Jedes Jahr gebe es hier Bergunfälle mit teils schwer verletzten Personen, sagt Macher.
Der Tourismusverband Schladming-Dachstein und die Planai-Hochwurzen-Bahnen haben im Sommer daher auch an die Bergsteiger appelliert, Gipfelbesteigung nur mit "ortskundigen Bergführern zu absolvieren". Aufgrund der hohen Temperaturen herrschte bei beiden Zustiegen Lebensgefahr. Denn der Übergang vom Gletscher zum Fels am Beginn des Schulteranstiegs ist stark unterhöhlt, was für große Einsturzgefahr sorgte. Der Randkluft-Anstieg ist nur mehr schwer und mit fundierter Erfahrung im Bereich Hochtouren begehbar. Eine Gletscherausrüstung inklusive Seil ist unbedingt erforderlich.
Auch für die Gletschermesserinnen und -messer wird die Arbeit immer gefährlicher und der Weg zu den Messpunkten aufwendiger. Die Gletscherränder seien schwierig zu begehen, man breche teilweise durch, sagt der Leiter des oberösterreichischen Gletschermessprogramms Klaus Reingruber. Daher werden mittlerweile auch Satellitenbilder und Drohnenaufnahmen herangezogen, um die Gletscherfläche abzumessen.
Mit dem Start der Messreihe am Hallstätter Gletscher 2006 wurde eine viele Jahrzehnte andauernde wissenschaftliche Tradition fortgesetzt, die von Friedrich Simony eingeleitet wurde. In den ersten Jahren war der massive Massenverlust vorwiegend in der unteren Gletscherhälfte augenscheinlich und messbar, mittlerweile ist die gesamte Gletscherfläche betroffen.
https://www.derstandard.at/story/300...melze-getrennt
Wege müssen gesperrt und verlegt werden. Der Dachsteingipfel ist nur noch erschwert zu erreichen.
Erneut gab es eine Rekordschmelze am Hallstätter Gletscher.
Was bereits befürchtet wurde, ist heuer eingetreten: Der Hallstätter und der Schladminger Gletscher am Dachstein, die seit rund 3500 Jahren verbunden waren, haben sich getrennt. Wege müssen gesperrt oder verlegt werden, die touristische Infrastruktur ist stark betroffen. Die aktuellen Daten aus der Massebilanz des Hallstätter Gletschers zeigen den größten Masseverlust seit Beginn des oberösterreichischen Messprogramms 2006. Seither hat der Hallstätter Gletscher ein Drittel seiner Masse verloren. Auch die Fläche des "ewigen Eises" ist um etwa einen Quadratkilometer geschrumpft. 2030 wird der Hallstätter Gletscher in dieser Form Geschichte sein – als Folge des ungebremsten Klimawandels, sagt der Leiter des Messprogramms Klaus Reingruber.
Grund für die erneute Rekordschmelze ist der fehlende Schnee. 2025 hatte einen schneearmen Winter, einen außergewöhnlich heißen Frühsommer – der Juni war der heißeste seit Beginn der Messungen – und mehrere Niederschlagsereignisse mit einer Schneefallgrenze weit über 3.000 Meter. Bereits im Juli war die schützende Schneedecke am Gletscher abgeschmolzen. "Wir erleben am Hallstätter Gletscher eine Zäsur, die uns als Gesellschaft wachrütteln muss: Klimarekord reiht sich an Klimarekord, und die alpinen Räume werden verletzlicher", betont der oberösterreichische Umweltlandesrat Stefan Kaineder. "Wir müssen zwei Dinge gleichzeitig tun: die Erhitzung konsequent bremsen und uns an die nicht mehr vermeidbaren Folgen anpassen."
Kein präparierter Weg zu Seethalerhütte
Folgen gibt es am Dachstein vor allem für den Tourismus und den Alpinismus. Mit dem Auseinanderbrechen der Gletscherverbindung endet wohl der präparierte Gletscherweg zur Seethalerhütte, da Pistengeräte die künftig freiliegenden Felsen nicht überwinden können. Die Seethalerhütte am oberen Rand des Hallstätter Gletschers, die erst 2019 neu errichtet wurde, ist dann nur noch mit Steigeisen erreichbar.
Die Schmelze erfasst die gesamte Gletscherfläche, Felsinseln treten verstärkt zutage, die Randzonen werden instabiler. Deshalb müssen Routen verlegt oder temporär gesperrt werden. Am Gosaugletscher hat sich ein großer Teil der östlichen Zunge gelöst. Ein Felssturz vom Mitterspitz traf die Aufstiegsroute am westlichen Gletscherrand.
Einfacher Aufstieg ist nun schwer
"Die Übergänge vom Gletscher zum Fels werden zunehmend heikel, Sicherungsseile müssen laufend verlängert werden", sagt Friedrich Macher, der Vorsitzende des Alpenvereins Austria. Die Sektion betreibt am Dachstein fünf hochalpine Schutzhütten, die durch ein dichtes Wegenetz miteinander verbunden sind. Der Schulteranstieg auf den Hohen Dachstein war einst eine einfache und damit besonders beliebte Route auf den höchsten Berg Oberösterreichs. Nun würden hier gefährliche Situationen entstehen. Jedes Jahr gebe es hier Bergunfälle mit teils schwer verletzten Personen, sagt Macher.
Der Tourismusverband Schladming-Dachstein und die Planai-Hochwurzen-Bahnen haben im Sommer daher auch an die Bergsteiger appelliert, Gipfelbesteigung nur mit "ortskundigen Bergführern zu absolvieren". Aufgrund der hohen Temperaturen herrschte bei beiden Zustiegen Lebensgefahr. Denn der Übergang vom Gletscher zum Fels am Beginn des Schulteranstiegs ist stark unterhöhlt, was für große Einsturzgefahr sorgte. Der Randkluft-Anstieg ist nur mehr schwer und mit fundierter Erfahrung im Bereich Hochtouren begehbar. Eine Gletscherausrüstung inklusive Seil ist unbedingt erforderlich.
Auch für die Gletschermesserinnen und -messer wird die Arbeit immer gefährlicher und der Weg zu den Messpunkten aufwendiger. Die Gletscherränder seien schwierig zu begehen, man breche teilweise durch, sagt der Leiter des oberösterreichischen Gletschermessprogramms Klaus Reingruber. Daher werden mittlerweile auch Satellitenbilder und Drohnenaufnahmen herangezogen, um die Gletscherfläche abzumessen.
Mit dem Start der Messreihe am Hallstätter Gletscher 2006 wurde eine viele Jahrzehnte andauernde wissenschaftliche Tradition fortgesetzt, die von Friedrich Simony eingeleitet wurde. In den ersten Jahren war der massive Massenverlust vorwiegend in der unteren Gletscherhälfte augenscheinlich und messbar, mittlerweile ist die gesamte Gletscherfläche betroffen.
https://www.derstandard.at/story/300...melze-getrennt