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Tarvis - Triest, 3. - 7. Juni 2016

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  • Tarvis - Triest, 3. - 7. Juni 2016

    Mit E-MTB über die Berge ans Meer

    Für die etwa 250 km lange Strecke mit 4.500 Höhenmetern hatten wir – eher gemütliche - 4 Tages- Etappen vorgesehen. Im an sich verregneten Mai/Juni kamen wir – nach mehrfacher Verschiebung - etwas glücklich regenfrei durch.

    Diesmal hab ich länger überlegt, hier einen Bericht Forum zu schreiben, in einem Forum, das sich fast ausschließlich dem Sport durch Muskelkraft verschrieben hat.
    Andererseits findet man unter den Forumsbesuchern, so dachte ich, sicher auch Durchschnitts- Sportler. Darunter vielleicht manche ältere Semester, also Leute wie ich, für die so eine längere Route mit einem normalen MTB eine Herausforderung wäre, für einige eventuell gar nicht machbar ist.
    Und so wie ich mir schon viele gute Tips und Anregungen für Touren hier geholt habe, mag mein Bericht vielleicht für Leute mit Durchschnitts- Kondition eine Ermunterung sein, an so ein Mehr- Etappen- Projekt mit einem E- Bike heranzugehen.
    Warum E- Bikes? Entscheidend war für uns zwei nicht mehr ganz so junge „Burschen“ (65+) die Möglichkeit der stetigen, gleichmäßigen Belastung und die größere Reichweite bzw. kürzere Tages- Fahrzeit. Dass wir einmal mit den ersten Gewitter-Tropfen im Etappenziel eintrafen, andere MTB Fahrer später im strömenden Nachmittags- Regen, bestätigte in diesem Punkt unsere Wahl.
    Zusatzinformation: Wir hatten uns die E- MTB s für die Tour ausgeliehen. Der E- Antrieb hat grob geschätzt 1/3 der Aufstiegsenergie übernommen. Bergab und im Flachen war er sowieso weggeschaltet.

    Zur Tour:

    Unser Plan war eine abwechslungsreiche Strecke von Tarvis über die Pässe der Julischen Alpen ins obere Isonzo-Tal, über die militärhistorisch interessanten Berge Stol und Kolovrat in das Weinland der Brda/Collio, schließlich über den Karst ans Meer bei Triest.


    Tag 1: 3.6.2016


    PKW- Anfahrt Graz – Tarvis
    Strecke: Tarvis – Festung Raibl – Predilpass –– Bergstrasse Mangart bis Höhe 1.800 – Abfahrt Mangartstrasse – Log - Festung Kluze – Fort Hermann – Flitsch– Lepena-Taleingang – Flitsch (Bovec)


    Tarvis-Flitsch-GE1m.jpg

    Startzeitpunkt: 09.30
    Fahrzeit netto: 4h 10
    Streckenlänge: 72 km
    Höhenmeter Anstieg: 1.305m
    Ab Tarvis erreicht man bald den alten Bergwerksort Raibl/Cave del Predil in der Talenge zwischen Grintavec und Wischberg Der Betrieb zum Abbau von Blei und Zink ist seit 1991 stillgelegt. Interessant: um eine natürliche Entwässerung der Sohle des Bergbaus – 240 m unter Tag – zu bewerkstelligen, hat man einen 3 km langen Stollen zum nächstgelegenen, etwas tiefer liegenden Punkt an der Erdoberfläche gegraben: das war im Tal der Koritnica in Log pod Mangartom.
    Foto- Halt am idyllisch gelegenen Raibler See / Lago del Predil:

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    Wir nutzen den Stollen natürlich nicht wie die Bergleute aus Log, die viele Jahre lang so zur Arbeit nach Raibl fuhren, sondern nahmen den Predilpass in Angriff. Nach einigen Serpentinen liegt das alte Werk Batterie Predil direkt an der Strasse.

    P1030571m.jpg

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    Ein Relikt aus der Zeit vor hundert Jahren, als 2 ½ Jahre lang am Isonzo gekämpft wurde.

    Wenige 100 m nach der Passhöhe stehen die Reste des eigentlichen Sperrwerke Predil, das Österreicher vor etwa 150 Jahren zum Schutz des Reiches errichtet hatten. Gleich darauf zweigen wir zur Mangartstrasse ab. Picknickende Slowenen laden uns zum Schnaps ein, den wir nicht ablehnen, schon aus Höflichkeit dem Gastland gegenüber.
    Die Strasse ist Anfang Juni noch gesperrt, was bedeutet, dass ziemlich viele Radler, mehrere Motorradfahrer und sogar einige Autos unterwegs waren. Viel Gestein liegt auf der Strasse, besonders unangenehm in den unbeleuchteten Tunnels.

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    Erste Lawinenenkegel umgehen wir noch,

    IMG_3240m.jpg

    bei ca. 1.800m ist aber Schluss – eine Lawine hat den Eingang zu einem Tunnel fast ganz verschüttet.

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    Nun folgt ein geruhsames Abrollen

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    bis zur Flitscher Klause, ein altes österreichisches Sperrwerk wie das nahe, etwas höher liegende Fort Hermann. Wer dort vorbeikommt, empfehle ich, einen kurzen Abstecher zum diesem alten Fort machen, ein 50 hm Anstieg mit Teilstück im Tunnel.

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    P1030661m.jpg

    Unsere Bikes ließen wir bald im Wald zurück, nachdem die Wegbeschaffenheit doch etwas zu rustikal geworden war.

    Nach Beziehen des Quartiers in Flitsch/Bovec noch eine kleine Sightseeing- Tour ins Lepenatal, einem landschaftlich sehr schönen Seitental östlich von Flitsch, mit Querung des Isonzo über eine originelle Hängebrücke.

    P1030671m.jpg


    Tag 2: 4.6.2016

    Strecke: Flitsch– Cezsoca – Isonzo- Brücke Nähe Boka Wasserfall – Zaga – Ucceatal – Forstweg Stol – Kammweg Stol – Biwak Hlek – erste Abfahrt zu Forstweg durch Wald – Forstweg Richtung Trnovo ob Soci – Karfreit

    Flitsch-Karfreit-GE1m.jpg

    Startzeitpunkt: 7.50
    Fahrzeit netto: 3h 15
    Streckenlänge: 43 km
    Höhenmeter Anstieg: 1.070 m

    Zunächst geht es von Flitsch durch den Graben vor Cezsoca hinunter zur Isonzobrücke. Eine historisch schwer belastete Stelle: Hier fand im ersten Weltkrieg ein fürchterlicher Giftgasangriff statt, der in wenigen Minuten hunderten jungen Leuten das Leben kostete.
    Dann dem linken Isonzoufer entlang bis zu einer schmalen Brücke vor Zaga mit Aussicht auf den bemerkenswerten Boka- Wasserfall.
    Davor ein Blick über den Talboden zum Rombon rechts und zur Prevalascharte am Canin-Massiv links.

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    Ab Zaga geht’s in Richtung Uccea- Tal, das das Canin- Massiv vom langgezogenen Stol- Rücken trennt. Vor dem alten Grenzhäuschen zweigt der Forstweg auf den Stol ab, er ermöglicht einen sehr gleichmäßigen Anstieg auf den Stol- sattel auf ca. 1350m. Nebelfetzen von Süden erreichen den Kamm und vor allem den etwa 300m höheren Gipfel und verwehren uns den Rundblick. So fahren wir gleich weiter, aber nicht auf den im Krieg angelegten Serpentinen-Weg südwärts nach Sedlo, sondern über den ebenfalls im Krieg errichteten Weg dem Kamm entlang nach Osten.

    P1030682m.jpg

    Aus der erwarteten schönen Aussicht wird nichts, bis auf kurze Momente rollen wir im Nebel leicht bergab. Wann immer man sich hier auf Wegen aus dem ersten Weltkrieg bewegt: sie zeichnen sich durch geringe Steilheit und gleichmäßige Trassenführung aus, wohl dem damaligen Transport schwerer Lasten wie Kanonen und Munition zuzuschreiben.
    Kurz sehen wir den südlich gelegenen Ort Kred mit der interessanten Flussbiegung des Natisone, der hier nicht weiter nach Osten zum Isonzo, sondern sich durch einen Bergeinschnitt nach Süden wendet in Richtung Cividale. 5 km Fahrt führt der Weg immer etwas unterhalb des Kamms, gerade soweit darunter, dass man ihn von Norden - also von der Feindseite - nicht einsehen konnte.
    An einer Wiese verlassen wir den Kamm nordwärts in Richtung Trnovo. Ein steil abfallender Wanderweg ist – sehr beschönigend – als Schiebestrecke im Führer angegeben.

    P1030685m.jpg

    Etwa 200 m darunter finden wir wieder einen Forstweg, zunächst als Single- Trail, dann breiter werdend bis zur Strasse, auf der wir nach Karfreit ausrollen.
    Im Ort gleich nach der Ankunft beginnt es heftig zu regnen, die frühe Abfahrt und der relativ schnelle Anstieg mit dem E-Bike haben uns geholfen, vor dem Nachmittagsgewitter das Etappenziel schon erreicht zu haben.


    (Fortsetzung folgt ....)

  • #2
    AW: Tarvis - Triest, 3. - 7. Juni 2016

    (.... Fortsetzung )

    Tag 3: 5.6. 2016


    Strecke: Karfreit – Livek – Livek Ravne/Nähe Kuk – Kambresko – Lig – Vrhovlje – Smartno – Dobrovo – Cormons

    Karfreit-Cormons-GE1m.jpg

    Startzeitpunkt: ca. 07.50
    Fahrzeit netto: 3h 30
    Streckenlänge: 65 km
    Höhenmeter Anstieg: 1.300 m

    Wieder ein früher Start – erneut ist die Gewitter für den Nachmittag angesagt. Heute ist fast durchgängiges Asphaltrollen angesagt. Von Karfreit bzw. Idrsko steigt die Strasse in den Sattel zwischen Matajur und Kolovrat gleichmäßig an. Livek liegt in diesem Sattel und hier zweigen wir in Richtung Kolvrat ab. Der Abstecher auf den Matajur fällt der unsicheren Wettervoraussage zum Opfer. Ohne große Pausen gewinnen wir die Höhe östlich des Kuk auf ca. 1.150 m.
    Unter uns Karfreit im diesigen Morgennebel:


    P1030695m.jpg

    Nach kurzer Kammfahrt am Kolovrat wenden wir uns südwärts in Richtung Kambresko und damit beginnt ein erholsames bergabrollen bis in die Brda, die herrliche Weingegend Sloweniens. Leichte Zwischenanstiege immer wieder schöne Ausblicke nach Osten, wo der Isonzo tief unten fließt,


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    oder nach Westen in die Tiefebene um Cividale. Kurz überlegen wir ins Tal abzufahren, um einem Gewitter vor uns zu entkommen, aber dieses zieht rechtzeitig nach Osten zum Monte Sabotino und Monte San Gabriele ab.
    Wir bleiben also auf der kammnahen Strasse und treffen immer häufiger auf Radler, bis wir bei Vrhovle das Wald- und Wiesengebiet verlassen und in das Hügelgebiet der Brda bzw. des Collio erreichen. Bei der alten und sehenswerten kleinen Stadt Smartno befinden wir uns bereits inmitten von Weingärten und Kirschenbäumen:


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    Wieder drängen uns dunkle Wolken zur Weiterfahrt, nicht einmal die vielen Kirschenstände an der Strasse halten uns auf. Und wieder schaffen wir es, vor einem Gewitter über der Brda nach Cormons zur Unterkunft zu kommen.

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    Tag 4: 6.6.2016

    Strecke: Cormons – Gradisca –Monte San Michele Museumsbereich – Doberdo – Jamiano – Gorjansko – Richtung Italien – Prepotto – Sales –Rupinpiccolo –Opicina – Sella di Opicina (Obelisk) – Triest

    Magnas-Triest-GE1m.jpg

    Startzeitpunkt: 08.00
    Fahrzeit netto: 3h 15 min
    Streckenlänge: 67 km
    Höhenmeter Anstieg: 850 m

    Nach einer morgendlichen Fahrt durch Weingärten bei Cormons – Corona

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    queren wir bei Gradiska den Isonzo und nehmen den nördlich gelegenen Anstieg zum Monte San Michele.
    Dieser Berg – eigentlich ein 275 m hoher Hügel – war einer der am heftigsten umkämpften Plätze der Isonzofront. Spuren von Schützengräben und Kavernen, die hier in das Karstgestein getrieben worden waren

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    und auch das kleine Museum geben eine Vorstellung davon, was die Jugend vor hundert Jahren - und zwar auf beiden Seiten - hier erleiden musste.
    Blick zurück nach Cormons und in die Brda:
    (1030738)
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    Über San Martino und Doberdo gelangen wir nach Jamiano und entscheiden uns für den Weiterweg erneut nach Slowenien über den Karst.

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    Nördlich an der Hermada, im WK1 der Eckpfeiler der österreichschen Verteidigung vor Triest, vorbei geht es wieder bergauf nach Gorjansko, dann südwärts, nun wieder in Italien nach Prepotto. Wir wählen Nebenstraßen, um uns die alten schönen Karstdörfer anzuschauen


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    und stehen bei Opicina endlich an der Aussichtsplattform mit dem herrlichen Blick auf Triest.


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    Sehr zufriedenes abrollen in die Stadt im Bewusstsein, Wetterglück gehabt zu haben und die vier Tage unfallfrei absolviert zu haben.
    Der Aperol-Spritz an der Piazza Unita hat wie selten einer gemundet.


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    Tag 5: 7.6. 2016


    Nach Stadtbesichtigung in Triest: Rückfahrt per Regionalzug – mit Abteil für Fahrräder - direkt von Triest nach Tarvis. Dann Rückreise nach Österreich – natürlich wieder im Gewitter.


    Fazit:


    Überland- Fahradtour abseits der Touristenrouten vom feinsten. Es ist müßig, viel über die landschaftlichen Schönheiten der befahrenen Route zu resümieren.
    Das E-Bike ermöglicht großzügige Tourenplanung, gibt Sicherheit bei Belastung, Zeit und Reichweite, besonders wenn man im Flachen und bei leichten Anstiegen auf E-Unterstützung verzichtet.
    Testfahrten vor einer längeren Erst- Tour sind zu empfehlen, danach ist die Festlegung der Route dem aktuellen Konditionsstand entsprechend einfach.
    (Damit niemand sagt: planlos geht mein Plan los...)
    HG
    Rudolf

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    • #3
      AW: Tarvis - Triest, 3. - 7. Juni 2016

      Super!
      Danke Rudi für diesen wunderschönen Bericht!
      Und es freut mich, dass wir Dich so aktiv erleben können.

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      • #4
        AW: Tarvis - Triest, 3. - 7. Juni 2016

        Danke für den Bericht!
        Gefällt mir außerordentlich gut, werde ich mir merken. Vielleicht geht sichs bei mir noch mit 60minus aus!
        Ist schon ein sehr geschichtsträchtiger Boden dort.
        Schade, dass sich der Matajur nicht ausging: Auch dort stößt man auf Schritt und Tritt auf die Geschehnisse vor hundert Jahren:
        http://www.gipfeltreffen.at/showthre...al-7-10-8-2009

        LG Hans
        Nach uns die Sintflut.

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